Bis zum Beginn des Krieges konnten kranke Kinderherzen nur in der ukrainischen Hauptstadt repariert werden. Jetzt wurden mithilfe einer deutsch-ukrainischen Klinikpartnerschaft auch in Lwiw eine Station für Kinderkardiologie aufgebaut und neue, verbesserte Praktiken gelehrt. Somit erhalten herzkranke Kinder wieder die Versorgung, die sie brauchen.
Oleksandr Yachnik ist stolz. „Ich möchte von einem tapferen jungen Mann erzählen“, sagt er. Yachnik ist Kardiochirurg und Leiter der Abteilung für Kinderherzchirurgie beim kommunalen Sankt-Nikolaus-Kinderkrankenhaus in Lwiw. Der tapfere junge Mann, von dem er spricht, ist Tymofiy. Als Tymofiy aus der Partnerklinik, dem Kinderkrankenhaus „Ohmatdyt", zu Yachnik in die Abteilung kam, war er erst drei Jahre alt. Der kleine Junge aus Lwiw litt unter Fallot-Tetralogie, einer Kombination verschiedener Herzfehler. Damit ihm geholfen werden konnte, war eine Operation nötig, die normalerweise einen langen Heilungsprozess nach sich zieht.
Doch dank der Klinikpartnerschaft der beiden Lwiwer Kinderkrankenhäuser mit dem Deutschen Herzzentrum in München und dem Verein H.O.P.E. – we help children e.V. konnte die OP auf einen minimalinvasiven Eingriff reduziert werden.
Kardiochirurg Oleksandr Yachnik wendet moderne chirurgische Praktiken in der Kinderkardiologie an, die er und sein Team im Rahmen der deutsch-ukrainischen Klinikpartnerschaft erlernt haben.
Im Rahmen dieser Partnerschaft lernen Kinderherzchirurg*innen und Anästhesist*innen zu neuen chirurgischen Ansätzen in der Kinderkardiologie. „So war es uns möglich, Tymofiys Herz über den kleinen Schnitt unter seinem rechten Arm zu reparieren, der in einem Jahr kaum noch sichtbar sein wird“, erklärt Yachnik. „Im Vergleich zur konventionellen Operation konnte er doppelt so schnell nach Hause gehen.“
Früher haben solche OPs ausschließlich in Kiew stattgefunden. Allerdings werden dort aufgrund des Krieges nur noch akute Verletzungen behandelt. Deshalb wurde in Lwiw in der Westukraine, das weit vom immer wieder unter Beschuss stehenden Kiew entfernt liegt, eine Abteilung für Kinderherzchirurgie aufgebaut. „Das war der einzige Weg, diese Operationen durchzuführen“, sagt Tanja Balaschowa vom Verein H.O.P.E., die das Projekt seit Beginn betreut. „Ich habe den Anruf bekommen: Wir sind in Lwiw, wir sind bereit zu operieren, aber wir haben kein Material, wir haben keine Medikamente und es ist unmöglich zu arbeiten. So begann unsere Zusammenarbeit, indem wir die nötigsten Sachen in Deutschland eingekauft und geliefert haben“, erinnert sich Balaschowa.
Neben der nötigen Ausstattung für den Aufbau der Station stehen ärztliche Weiterbildungen im Zentrum des Projekts. Drei Teams mit jeweils drei Personen aus den Bereichen Kardiologie, Kardiochirurgie und Anästheosiologie hospitierten vier Wochen lang am Münchner Herzzentrum. Der intensive Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Lernen haben inzwischen zahlreichen Kindern das Leben gerettet.
Mehr als 80 Kinder wurden erfolgreich operiert und 1.200 Kinder mit angeborenem Herzfehler untersucht. Denn auch das ist eine Folge des Krieges: Die Zahl der Frühgeburten ist drastisch gestiegen und auch die Anzahl von Kindern mit Herzschwächen hat deutlich zugenommen. „Das Leben bleibt nicht stehen. Die Frauen werden schwanger und bekommen Kinder. Aber die [werdenden] Mütter befinden sich in ständigem Stress und das hat Folgen“, erklärt Balaschowa.
Für die Zukunft wünschen sich Tanja Balaschowa und ihr Team, die Partnerschaft auszubauen. „Es ist unser Traum, das Projekt fortzusetzen“, sagt sie. Man müsse auch das Pflegepersonal, vor allem auf den Intensivstationen, trainieren und zu Hospitationen schicken, damit Kinder wie Tymofiy auch nach der Operation die optimale Versorgung erhalten.
Thema: Kinderkardiologie
Laufzeit: 01.04.2023 – 31.03.2024
Volumen: 200.000 Euro
Partner*innen: Lwiwer Regionales Kinderkrankenhaus „Ohmatdyt", St. Nicolas Children’s Hospital
Partnerorganisation in Deutschland: H.O.P.E. - we help children e.V., Deutsches Herzzentrum München (DHM)