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Hoffnung für die Ukraine

Date
10/11/2025
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Der Krieg in der Ukraine hat auch unsichtbare Konsequenzen: psychische Belastungen. Ständige Bedrohungen, der Verlust von Sicherheit und die Traumata des von Drohnen- und Raketenangriffen gezeichneten Alltags prägen das Leben der Menschen in der Ukraine. Um hier Unterstützung zu leisten, wurde 2023 die Klinikpartnerschaft NaDiya ins Leben gerufen. “NaDiya” bedeutet Hoffnung – und genau die stärkt das Projekt: Hoffnung auf Stabilität, auf Resilienz, auf Zukunft. Nach dem Aufbau erster psychosozialer Versorgungsstrukturen richtet sich der Fokus der zweiten Projektphase nun auf die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Ukraine.

„Für verwundete Soldaten existieren bereits einige Angebote, doch für traumatisierte Kinder fehlen sie weitgehend.“ - Prof. em. Dr. phil. Cornelia Kricheldorff, ehemalige Leiterin des Instituts für Angewandte Forschung der Katholischen Hochschule in Freiburg

Ein Seminartag in Freiburg

September 2025. Fünfzehn Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen und Psychotherapeut*innen sind aus der Ukraine nach Freiburg gereist. Über 24 Stunden sind sie dafür unterwegs. Oksana M. erzählt, dass sie alle zehn Minuten auf ihr Handy schaut, um zu sehen, wie es ihren Kindern geht. Andere Teilnehmende arbeiten parallel zum Seminar in den Pausen an ihrem Laptop, denn ihre Verantwortung hört nicht auf.

Doch für fünf Tage ist der Seminarraum an der Katholischen Hochschule Freiburg nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern auch ein Ort der Ruhe. Hier nehmen sie an einer Weiterbildung zur trauma-fokussierten kognitiven Verhaltenstherapie teil, einer bewährten Methode zur Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Doch die Teilnehmenden lernen nicht nur neue Ansätze für ihre Arbeit kennen, sondern beschäftigen sich auch mit der eigenen psychischen Gesundheit.

Eine Teilnehmerin erzählt offen, dass sie selbst beim Ausfüllen eines Belastungsfragebogens erhöhte Werte festgestellt hat. Deswegen steht neben dem Fachwissen auch Selbstfürsorge im Zentrum der Weiterbildung. Nur wenn Fachkräfte ihre eigene Belastung reflektieren, können sie langfristig für andere da sein.

„Früher haben wir das ‚Kurs‘ genannt – inzwischen sprechen wir eher von einem Retreat“, sagt Dr. Halyna Levkiv, Projektkoordinatorin an der Katholischen Hochschule Freiburg. „Sie kommen hierher und haben nur diese sechs Tage ohne Alarm, ohne Bomben. Sie kommen zwar nicht ganz runter, aber wenn sie nach Hause fahren, habe ich mit vielen Freundschaften geschlossen. Sie schreiben: ‘Dank dieses Projekts haben wir vielleicht überlebt.’“

Gesundheitsfachkräfte werden Multiplikator*innen

„Und dann gibt es eine zweite Schiene“, ergänzt die Professorin für Soziale Gerontologie Cornelia Kricheldorff, die ebenfalls im Projekt arbeitet. „Einen Teil derjenigen, die wir qualifizieren, bilden wir zu Trainer*innen aus, damit diese Personen das Programm anschließend vor Ort in der Ukraine durchführen können.“

31 Personen erwerben im Laufe des Projekts das Zertifikat, um selbst Trainings anbieten zu können. Viele davon wenden das Erlernte bereits während der Projektlaufzeit in der Ukraine an. Kricheldorff fügt hinzu: „Es war uns ganz wichtig, [...] dass wir auch eine Befähigung vermitteln – im Sinne von Empowerment – und diesen Ansatz vor Ort in die Ukraine bringen.“

Die Managerin des NaDiya-Projekts, Halyna Levkiv, kommt selbst aus der Ukraine und lebt seit 22 Jahren in Freiburg. Neben den beiden Aspekten der psychosozialen Grundversorgung und Ausbildung von Trainer*innen fördert das Projekt einen weiteren essenziellen Punkt: die zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie sagt: „Wenn die Ukrainer*innen hier nach Freiburg kommen, erleben wir einen Austausch, weil diese Ärzt*innen, Krankenpfleger*innen, Sozialarbeiter*innen, sich hier auch kennenlernen. Das heißt, in diesen Seminaren entsteht auch ein Netzwerk.“

Gestärkte Grundversorgung, gestärktes Gesundheitssystem

Was das Projekt außerdem auszeichnet, so Projektleiter Muke, „ist diese Face-to-face-Arbeit und die multiprofessionellen Teams, also nicht die Spezialist*innen, sondern die Basisversorgung.“ Darüber hinaus hebt Muke die starke Bedarfsorientierung hervor: „Also immer wieder neu zu testen: Was brauchen die Teilnehmenden, was wollen sie, was suchen sie?“

Dieser Gedanke der Grundversorgung stärkt letzten Endes auch das Gesundheitssystem in der Ukraine, wo, so Muke, „dieser psychosoziale und integrative und interprofessionelle Teil in unserer Wahrnehmung nicht sehr ausgebildet ist“. Projektmanagerin Halyna Levkiv stimmt zu und äußert einen Wunsch für die Zukunft von NaDiya: „Was wäre unser Traumziel für dieses Projekt?“, fragt sie und gibt selbst die Antwort: „Dass sich in Lwiw ein Kompetenz- und Ressourcenzentrum bildet.“

Quick Facts

Thema: Psychosoziale Soforthilfe

Laufzeit: 01.04.2023 – 30.09.2024

Volumen: 733.000 Euro

Partner: Ukrainische Katholische Universität Lwiw (UKU), Scheptyzkyj-Hospital Lwiw, Caritas Ukraine, Westukrainisches spezialisiertes medizinisches Zentrum (für Kinder und Jugendliche), Militärmedizinisches klinisches Zentrum der westlichen Region in Lwiw

Partnerorganisationen in Deutschland: Katholische Hochschule Freiburg, Refudocs Freiburg e.V.

„Für verwundete Soldaten existieren bereits einige Angebote, doch für traumatisierte Kinder fehlen sie weitgehend.“ - Prof. em. Dr. phil. Cornelia Kricheldorff, ehemalige Leiterin des Instituts für Angewandte Forschung der Katholischen Hochschule in Freiburg

Ein Seminartag in Freiburg

September 2025. Fünfzehn Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen und Psychotherapeut*innen sind aus der Ukraine nach Freiburg gereist. Über 24 Stunden sind sie dafür unterwegs. Oksana M. erzählt, dass sie alle zehn Minuten auf ihr Handy schaut, um zu sehen, wie es ihren Kindern geht. Andere Teilnehmende arbeiten parallel zum Seminar in den Pausen an ihrem Laptop, denn ihre Verantwortung hört nicht auf.

Doch für fünf Tage ist der Seminarraum an der Katholischen Hochschule Freiburg nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern auch ein Ort der Ruhe. Hier nehmen sie an einer Weiterbildung zur trauma-fokussierten kognitiven Verhaltenstherapie teil, einer bewährten Methode zur Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Doch die Teilnehmenden lernen nicht nur neue Ansätze für ihre Arbeit kennen, sondern beschäftigen sich auch mit der eigenen psychischen Gesundheit.

Eine Teilnehmerin erzählt offen, dass sie selbst beim Ausfüllen eines Belastungsfragebogens erhöhte Werte festgestellt hat. Deswegen steht neben dem Fachwissen auch Selbstfürsorge im Zentrum der Weiterbildung. Nur wenn Fachkräfte ihre eigene Belastung reflektieren, können sie langfristig für andere da sein.

„Früher haben wir das ‚Kurs‘ genannt – inzwischen sprechen wir eher von einem Retreat“, sagt Dr. Halyna Levkiv, Projektkoordinatorin an der Katholischen Hochschule Freiburg. „Sie kommen hierher und haben nur diese sechs Tage ohne Alarm, ohne Bomben. Sie kommen zwar nicht ganz runter, aber wenn sie nach Hause fahren, habe ich mit vielen Freundschaften geschlossen. Sie schreiben: ‘Dank dieses Projekts haben wir vielleicht überlebt.’“

Deborah Kaiser, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin am Universitätsklinikum Freiburg, und Katja Meyer, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin am Universitätsklinikum Freiburg, während der Weiterbildung zu trauma-fokussierter kognitiver Verhaltenstherapie.

Wirkungen über das Seminar hinaus

Die Rückmeldungen aus der ersten Projektphase verdeutlichen, wie praxisnah das Gelernte ist. Eine Psychotherapeutin berichtet: „Wenn wir mit den Kindern in den Bunker müssen, nehmen wir die Materialien für die Kunsttherapie mit.”

Die Klinikpartnerschaft zwischen der Katholischen Hochschule Freiburg, dem Universitätsklinikum Freiburg, der Ukrainischen Katholischen Universität in Lwiw und vielen weiteren ukrainischen Institutionen stärkt die psychische Gesundheit in der Ukraine nachhaltig. Prof. Cornelia Kricheldorff, langjährig in der Ukraine engagiert, und Prof. Claus Muke, Projektleiter an der Katholischen Hochschule Freiburg, betonen die Zusammenarbeit auf Augenhöhe: Inhalte, Konzepte und Formate werden mit den ukrainischen Partner*innen gemeinsam entwickelt.

Auch in Deutschland sind die Erfahrungen, die in dieser Klinikpartnerschaft gewonnen werden, von großer Bedeutung. Die Inhalte von NaDiya fließen unter anderem in die universitäre Lehre und in interdisziplinäre Formate ein. „Kurz nach Beginn der Vollinvasion hat Freiburg 100 Kinder aus der Ostukraine aufgenommen”, berichtet Prof. Christian Fleischhaker, kommissarischer ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psycho­therapie und Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter am Universitätsklinikum Freiburg. „Der Austausch durch das Projekt ist für uns hochgradig informativ.”

Die Methoden zur Stressbewältigung, die im Projekt vermittelt werden, sind universell einsetzbar und werden bereits in deutschen Einrichtungen, die mit psychisch belasteten Kindern, Jugendlichen und Familien arbeiten, vorgestellt. Die Rückmeldung aus Freiburg ist eindeutig: „Das brauchen wir auch hier.“

Quick Facts

Thema: Psychische Gesundheit

Laufzeit: 1. Laufzeit: April 2023 – September 2024, 2. Laufzeit: seit November 2024

Volumen: insg. 1,2 Mio. Euro

Partner*innen in Ukraine: Ukrainische Katholische Universität Lwiw und viele weitere ukrainische Institutionen in der Westukraine

Partnerorganisation in Deutschland: Katholische Hochschule Freiburg, Universitätsklinikum Freiburg

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